Lange vermisst und nun endlich wieder im Hahn zu beobachten. Das Eichhörnchen, unser putziger brauner Freund mit dem buschigen Schweif. Eichhörnchen wieder in den alten Hahnwald zurückgekehrt. Samstag, 1.4.2017, 14.45 Uhr „Anfüttern aus der flachen Hand“
„Freunde des Kyllburger Eichhörnchens“ treffen sich am Haus des Gastes
Jahrzehntelang galten die posserlichen Tierchen, parallel zu den sie seinerzeit beharrlich verpflegenden, in der Regel betagten und spazierbestockten, Kurgästinnen, als abgewandert oder ausgestorben. Dieser Tage, so wurde gemeldet, sei jedoch ein ganzes Rudel, von 13 Exemplaren, der kleinen Kletterkünstler im heimatlichen Hahnwald beobachtet worden. In Zeiten des seinerzeitigen Kneipp-Kurbetriebes galt es als eines der nobelsten Nachmittagsvergnügen, nach der Einnahme des täglichen Tees im Kurhotel oder einem der weiteren, allseits beliebten Beherbergungsbetriebe, sich, mit einer großvolumigen Handtasche bestückt, über die hochsommerliche Hochstraße auf den Weg in den Kurpark Hahn zu machen, nicht jedoch, ohne auf dem Weg dorthin im Lebensmittelgeschäft Krementz einen gehörigen Vorrat an Nüsschen für die „pelzigbehaarten Pinselohren“ einzukaufen.
EXTRA – Hintergrund:
Sozialkritische Aspekte des Fütterungsverhaltens:
Übrigens seinerzeit schon erkennbar, die häufig zitierte Mehrklassengesellschaft und die vorliegende, jedoch vielgeleugnete, Ungleichheit in Gesundheit und Krankheit:
War es gesetzlich versicherten, sogenannten „Kassen-Kurgästen“ nämlich in der Regel nur möglich, die erschwinglichen Erdnüsse zu erstehen, so konnte man Privatversicherte daran erkennen, dass sie sich bereits die erheblich teureren Haselnüsse leisten konnten. Besonders im Sommer deutlich zu sehen, dann aber das Nusskaufverhalten der selbstzahlenden Kurgäste, die 5 – 6 Paranüsse oder gar frische Walnüsse erstehen konnten. Interessanterweise lagen übrigens in allen Kyllburger Lebensmittelgeschäften, ganzjährig auch Kokosnüsse in der Auslage, die aber nur selten für die neugierigen Nager, und das auch nur bis zum Verbot des Kokosnussverkaufs an Kurgästinnen, im April 1968, zum Verkauf gelangten.
Ein kleiner Kyllburger Kriminalfall:
Ursächlich dafür kündet uns die Kyllburger Kurchronik aus dem Jahr 1963 wie folgt: „Am Dienstag, dem 31. März, gegen 15.45 Uhr machte sich Kurgästin Magdalena S., aus dem Emsland, auf ihren täglichen Weg in den ‚Kurpark Hahn‘. Seit Tagen bereits hatte sie versucht, mit dem probaten Lockruf: ‚Haaaansiiii koooommm!‘ gefolgt von dem obligaten spitzmundigen Fifififiiiiipp-Pfeifton, einen der zutraulichen Baumbewohner zwecks Fütterung anzulocken. In aller Regel gelang ein solches Unterfangen auch problemlos, wobei der beschweifte Nager der ihn fütternden Dame die Nüsschen von der dargebotenen Handfläche nahm, um sie flugs in die Sicherheit des heimischen Kobels zu verbringen. Gleichwohl war es Magdalena S. bislang, trotz bereits 14-tägigen Kuraufenthalts, nicht gelungen auch nur einen einzigen der kleinen, braunen Racker in ihre Nähe zu locken. Neidvoll hatte Magdalena jedoch an besagtem Nachmittag beobachtet, wie Frau Sybille von K., privatversicherte Selbstzahlerin, die von ihr erstandenen Hasel- und Walnüsse an die kleinen Waldbewohner verfütterte, die sich in Scharen um sie drängten.“
Inwieweit Vorsatz eine Rolle gespielt haben mag, kann heute nicht mehr eruiert werden. Tatsächlich griff besagte S., so die Chronik weiter „…als sie der fütternden Zimmernachbarin, umringt von beutehungrigen Eichkatern ansichtig wurde, in ihre geräumige Handtasche, entnahm dieser zwei soeben im Hause Mrakawa erstandene, frische Kokosnüsse und schleuderte diese mit Wucht in Richtung der tierliebenden von K. Am Kopf schwer getroffen musste diese von einem eilig herbeigerufenen Krankenwagen, mangels erhaltenen Bewusstseins, in das kleine Kyllburger Krankenhaus auf dem Stift gebracht worden, wo sie noch am gleichen Tag operiert wurde. Erst nach 6 Wochen konnte die rüstige Rentnerin die kleine Klinik wieder verlassen. Gegen die tatausführende S. wurde seitens des örtlichen Polizeipostens ermittelt. Letztlich im gleichen Jahr, in einer Verhandlung des Bitburger Amtsgerichts, zu 18 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die allerdings zur Bewährung ausgesetzt wurde.“
Die ersten (und einzigen) Kyllburger Handelsbeschränkungen
In einer Verfügung des Kyllburger Stadtrates wurde sodann – rückwirkend zum 1.4.1967 – der Verkauf von Kokosnüssen an Kurgäste und Kurgästinnen verboten. Inwieweit diesem Verbot auch heute noch nachgekommen wird, ist – mangels Kurgästen und -gästinnen – nicht mehr feststellbar. Auf Nachfrage unserer Redaktion bei den örtlichen Lebensmittelhändlern hat sich in den vergangen 7 Jahren kein Kurgast und keine Kurgästin als solche dort ausgewiesen und um Verkauf einer Kokosnuss gebeten.
Wie dem auch sei. Nun sind die ersten zutraulichen Eichhörnchen wieder in den altehrwürdigen Hahnwald zurückgekehrt. Am heutigen Samstag treffen sich alle „Freunde des Kyllburger Eichhörnchens“ am Haus des Gastes zum gemeinsamen Anfüttern aus der flachen Hand. Demjenigen, der die meisten Eichhörnchen anzulocken vermag, winkt ein schöner Preis, der vom Kyllburger Eifelverein gestiftet worden ist. Lassen Sie sich überraschen und kommen auch Sie, am Samstag, dem 01.04.2017, zum Eichhörnchen-Anfüttern in den Hahn.
Viel Spaß dabei und herzliche Grüße
Ihr Wolfgang Krämer
Stadtbürgermeister